Ist Statistical Process Control (SPC) noch zeitgemäß?
Warum statistische Prozesssteuerung aktueller ist denn je
Statistical Process Control (SPC) – auf den ersten Blick eine altbewährte Methode, die bis in die Ursprünge des Qualitätsmanagements der 1920er durch on Walter A. Shewhart bei seiner Zeit bei Western Electric zurückreicht. Doch obwohl SPC bereits seit Jahrzehnten etabliert ist, bleibt es gerade in unserer heutigen, digitalisierten Welt relevanter denn je. Die Fähigkeit, Prozesse in Echtzeit zu überwachen und schnell auf Abweichungen zu reagieren, ist in einer Ära der Automatisierung und Datenvernetzung unverzichtbar geworden. In diesem Blogbeitrag beleuchten wir, warum SPC so aktuell ist – und wie moderne Technologien die Prozesssteuerung verändert haben.
Echtzeit-Datenüberwachung in der Produktion
In modernen Produktionsumgebungen spielt die Echtzeitüberwachung von Produktionsdaten eine zentrale Rolle. Die Industrie fordert mit gutem Grund einen hohen Automatisierungsgrad und schnellen Zugriff auf Echtzeitdaten. Traditionelle Methoden der Datenerfassung können diese Anforderungen jedoch oft nicht erfüllen. Durch manuelle Datenerfassung entstehen Verzögerungen, die teure Fehler zur Folge haben können. Automatische Benachrichtigungen über wichtige Prozesskennzahlen wie aktuelle Prozesslage, Eingriffsgrenzen oder Toleranzverletzungen werden durch manuelle Erfassung nicht rechtzeitig entdeckt und können daher nicht systematisch behoben werden. In nicht digitalisierten Produktionsumgebungen gibt es verschiedene Herausforderungen, die die Prozessqualität beeinträchtigen können:
- Nicht quittierte / unbeaufsichtigte Messungen: Es fehlt oft die Bestätigung, dass Messungen regelmäßig und für die vorgesehene Anzahl an Posten durchgeführt wurden. Dies führt zu Unsicherheiten und potenziellen Lücken in der Qualitätsüberwachung.
- Unklare und ungenaue Anweisungen: Missverständliche oder unpräzise Arbeitsanweisungen können die Qualität und Konsistenz der Messungen beeinträchtigen.
- Doppelte Arbeit: Häufig müssen Messwerte manuell auf Papier notiert und später in digitale Qualitätssysteme übertragen werden. Dies führt zu ineffizienten Arbeitsprozessen und Mehrarbeit.
- Erhöhtes Risiko für menschliche Fehler: Durch die manuelle Erfassung und Übertragung von Daten steigt das Risiko für Fehler, die die Prozessstabilität beeinträchtigen können.
- Fehlende schnelle Reaktion bei Prozessinstabilität: Ohne automatisierte Benachrichtigungen bleibt ein instabiler Prozess oft unentdeckt, sodass notwendige Maßnahmen nicht rechtzeitig ergriffen werden können.
Moderne CAQ-Systeme (Computer Aided Quality) und SPC-Methoden ermöglichen hingegen die sofortige Erkennung von Abweichungen und die Einleitung entsprechender Maßnahmen. Das steigert die Effizienz und Stabilität von Prozessen erheblich. Selbstlernende Edge-Systeme, wie sie zum Beispiel von Synop Systems oder BDIM angeboten werden, erlauben es, komplexe Analysen direkt an der Maschine durchzuführen. Diese Systeme funktionieren wie ein „Sensor“ für die präventive Qualitätssicherung und liefern kontinuierlich Daten, die wertvoll für die Weiterentwicklung von Prozessen sind. Sinkende Preise für Kameratechnik und integrierte Sensorik bieten enormes Potenzial zur automatischen Datenaggregation und -erfassung. So werden die Möglichkeiten zur Qualitätsüberwachung und -sicherung ergänzt. Einige der wichtigsten Technologien in diesem Bereich umfassen:
- Bildverarbeitungssysteme: Kameras, Scanner und Röntgengeräte erfassen präzise visuelle und strukturelle Informationen, die direkt in SPC einfließen und die Prozesskontrolle automatisieren.
- Direkte Datenerfassung aus Produktionsgeräten: Geräte wie Waagen, Kontrollwaagen und spezialisierte Maschinen übertragen ihre Daten automatisch an Qualitätssysteme und gewährleisten so eine lückenlose Überwachung.
- Qualitätskontrolle durch Roboter: Roboter automatisieren Prüfprozesse und sorgen durch präzise, standardisierte Abläufe für eine gleichbleibend hohe Qualität.
Diese Technologien verankern die Prozessqualität auf einem hohen Niveau und bilden die Grundlage für ein proaktives Qualitätsmanagement, das auf Echtzeit-Daten basiert. Die Kombination aus CAQ- und SPC-Systemen ist damit für Unternehmen, die ihre Prozesse nachhaltig stabilisieren und optimieren möchten, ein unverzichtbares Werkzeug.
CAQ-Systeme und ISO-Normen: Effizientere Audits und einfache Dokumentation
Die Anforderungen durch ISO-Normen, IATF oder AIAG sind hoch: Qualitätssicherung, Dokumentation und Auditprozesse müssen präzise erfüllt werden. CAQ-Systeme erleichtern es Unternehmen, diesen Anforderungen gerecht zu werden und ihre Auditprozesse zu optimieren. In der Produktion aggregierte Daten werden automatisch visuell aufbereitet, zum Beispiel in Form einer Qualitätsregelkarte (QRK) oder von Schichtprotokollen. Moderne Software bietet bereits die wesentlichen, normkonformen Analysefunktionen. Zudem können die Daten über Schnittstellen nahtlos in bestehende Systeme eingebunden oder für tiefere Analysen exportiert werden. Sogar KI-gestützte Analysen sind möglich, die wertvolle Einblicke bieten – und das oft ohne Programmierkenntnisse.
Langfristige Prozessstabilität und Fehlerreduktion
Durch die Kombination von CAQ-Systemen und SPC lassen sich Fehler und Ausschuss nachhaltig minimieren, was langfristig zu stabilen Prozessen führt. Moderne Analysewerkzeuge gepaart mit Systemen zur Umsetzung von Qualitäts-Regelkreisen im CAQ-Bereich, ermöglichen ein proaktives Qualitätsmanagement, das Probleme als auch Fehler frühzeitig erkennt und präventiv gegensteuert. Für Unternehmen, die normkonform nach IATF16949 oder anderen Herstellerstandards wie Bosch arbeiten müssen, ist dies ein entscheidender Vorteil.
Für die Werkerführung bedeutet dies:
- Regelbasierte Auslösung: Qualitätsprüfungen werden automatisch bei Erreichen festgelegter Toleranz- und Schwellenwerte gestartet.
- Probenkennzeichnung und Anweisungsmanagement: Eindeutige Probenmarkierung und automatische Weitergabe von Prüfhinweisen verhindern Fehler.
- Automatische SPC-Berichterstellung: Regelkarten und Histogramme für verschiedene Parameter werden automatisch generiert und visualisieren die Prozessstabilität auf einen Blick.
SPC als zentraler Bestandteil von Industrie 4.0
Industrie 4.0 ist mehr als nur ein Schlagwort: Es steht für die Vernetzung von Systemen und die digitale Transformation in der Produktion. SPC nimmt in dieser „Smart Factory“-Landschaft eine Schlüsselrolle ein. Echtzeit-Daten für Produktionslinien und Qualitätskontrollen machen Prozesse effizienter und flexibler. Indem SPC die Qualitätssicherung standardisiert und in eine Gesamtlösung für die Prozesssteuerung integriert, wird es zum Motor der digitalen Transformation und erfüllt die aktuellen sowie zukünftigen Anforderungen an Prozessqualität und Effizienz. Gepaart mit einer Maschinendatenerfassung (MDE) können neben KPIs wie einer OEE auch wichtige Prozessdaten in einem MES gesammelt, ausgewertet und für die Steuerung der Qualitätssicherung genutzt werden. Diese Steuerung erfolgt dann beispielsweise Stückzahlbasiert oder Regelbehaftet am Produktionsauftrag orientiert.
Innovation durch KI und Machine Learning
Mit Künstlicher Intelligenz und Machine Learning erreicht die Analyse und Fehleridentifikation in der Qualitätssicherung eine neue Dimension. Während traditionelle SPC-Modelle deterministisch arbeiten, nutzen KI-Modelle probabilistische Ansätze, um Anomalien frühzeitig zu erkennen. Dies klingt vorerst nach einem Nachteil, so lassen sich jedoch präventive Maßnahmen oft noch vor einer statistischen Abweichung ergreifen. Allerdings bringt der Einsatz von KI auch neue Herausforderungen mit sich, vor allem in Bezug auf die Nachvollziehbarkeit und den Datenschutz. Unternehmen müssen gemeinsam mit der IT entscheiden, wie viel Kontrolle sie an externe Systeme abgeben möchten und wie sie ihre Daten im Einklang mit den Datenschutzanforderungen sicher verwalten.
Ist SPC noch zeitgemäß?
SPC hat sich über Jahrzehnte bewährt und ist heute aktueller denn je. Die Integration in moderne CAQ-Systeme ermöglicht eine kontinuierliche Datenverarbeitung und -analyse, die weit über herkömmliche Qualitätskontrollen hinausgeht. In Zeiten von Industrie 4.0 bleibt SPC ein unverzichtbares Element für Prozessqualität und unterstützt vernetzte, automatisierte Produktionslinien.
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